(Lern-) Betreuung mit Herz

Von Gabi Schramel / Lesezeit ca. 5 Minuten

OMA OPA PROJEKT.

Ein Generationen verbindendes und zugleich ein Kultur übergreifendes Projekt wird in der Mittelschule Amstetten erfolgreich durchgeführt.

 

Christa Teitzer, Gerhard Nestinger, Sonja Rappold.
© Gabi Schramel

Christa Teitzer, Gerhard Nestinger und Sonja Rappold.


Schon beim Betreten der Schule holt mich die Vergangenheit ein. Trotz moderner Gestaltung der Räumlichkeiten weckt der Geruch meine olfaktorischen Erinnerungen an die eigene Schulzeit. Daran hat sich also nichts geändert. Die Möglichkeiten für jene Schüler, welche Unterstützung benötigen, werden jedoch laufend besser.

 

Aslim mit Lernhelfer Gerhard Nestinger.
© Gabi Schramel

Aslim mit Lernhelfer Gerhard Nestinger.



Der 13jährige Aslim begrüßt gerade seinen Lernbegleiter und gibt mir gerne Auskunft über die Betreuung, die er hier im Rahmen des „Oma-Opa-Projekts“ erhält. Er kommt alleine nicht klar, deshalb ist er sehr froh, dass er hier nach dem Unterricht Unterstützung durch Gerhard bekommt. So macht es ihm Spaß, etwas Neues dazuzulernen und er ist dankbar, dass ihm geholfen wird. Seine offene und coole Art zeigt mir, dass er sich hier gut aufgehoben fühlt.

 

Allianz der Generationen

Unsere Gesprächsrunde besteht aus der Freiwilligenkoordinatorin Sonja Rappold und den Lernbegleitern Christa Teitzer und Gerhard Nestinger. Auf meine Frage, welche Motivation dahinter steckt, sich für dieses Projekt zu engagieren, entwickelt sich eine sehr angeregte Unterhaltung.

 

»Eine Begrüßung mit Händeschütteln und Augenkontakt ist nicht in allen Kulturen üblich. Daher werden solche Basics in der Betreuungszeit auch vermittelt.«

 

Zwischen den Schülern und den Lernbegleitern besteht ein freundschaftliches und respektvolles Verhältnis: „Wir sprechen uns gegenseitig mit dem Vornamen an und die Jugendlichen dürfen uns duzen. Neben den schulischen Kenntnissen möchten wir auch Umgangsformen und Benimmregeln vermitteln.“ Eine Begrüßung mit Händeschütteln und Augenkontakt ist nicht in allen Kulturen üblich. Daher werden solche Basics in der Betreuungszeit auch vermittelt, genauso wie Gespräche über die Erlebnisse und die Problematiken, mit denen die Jugendlichen konfrontiert sind.

 

»Lernhilfe darf nicht mit Nachhilfe verwechselt werden.«

 

Lernhelfer, Schüler, Projektleiterin
© Gabi Schramel

Christine war Volksschullehrerin. So kann sie im Projekt ihre langjährige Erfahrung als Pädagogin und die freie Zeit als Pensionistin ideal verbinden. Den Schülern Deutsch und sinnerfassendes Lesen beizubringen, ist ihre Passion. Als Lernhelferin geht das ohne den strengen Schulbetrieb. Die lockere Atmosphäre im Umgang mit den Jugendlichen und den anderen Freiwilligen empfindet sie als sehr angenehm. Für Gerhard war die Flüchtlingswelle 2015 ein Grund, auf diese Art und Weise einen Beitrag zu leisten. Sein Wissen gibt er gerne weiter – „...und im Gegenzug lernen wir ja auch von den Kindern und Jugendlichen.“ Außerdem ist es ihm wichtig, dieser Generation Chancengleichheit zu ermöglichen: „Wir brauchen gut ausgebildetes Personal, um den hohen Standard unseres Systems erhalten zu können.“ Dieser Gedanke steht in keinem Widerspruch zu seiner „ehrenamtlichen Berufung“, wie er es nennt.

 

»Ukrainische Kinder kommen zuverlässig
zur Schule, weil es den Eltern wichtig ist.
Bei syrischen und afghanischen Kindern
ist die Einstellung zur Schule
nicht so ernsthaft.«

 

Schüler, die Unterstützung benötigen, sollen diese auch bekommen.

Die Direktorin der Mittelschule Amstetten, Marijana Muskovic, arbeitet eng mit dem Verein zusammen: „Gemeinsam mit der Koordinatorin versuchen wir stets, individuell auf die jeweilige Situation einzugehen. In den letzten Jahren lag der Fokus bei Schülern aus Syrien und Afghanistan. Heuer sind aus bekannten Gründen eher Kinder aus der Ukraine betreut worden.“ Diese haben einen ganz anderen Zugang zum Lernen und zur Schule an sich. Sie kommen hauptsächlich aus bildungsnahen Akademikerfamilien. Die Kinder kommen zuverlässig zur Schule, weil es den Eltern wichtig ist und sie dahinter stehen. Bei syrischen und afghanischen Kindern ist die Einstellung zur Schule nicht so ernsthaft.

 

»Chancengleichheit auf Bildung
bietet die Basis für ein
selbstbestimmtes Leben.«

 

Trotz guter Erziehung können Grenzen im Miteinander überschritten werden, diese Grenzen gilt es aufzuzeigen. Muskovic: „Wichtig ist ein Miteinander, der Umgang untereinander, soziale Kompetenz vermitteln. Eine engmaschige Zusammenarbeit mit den Eltern wäre auch wünschenswert.“

 

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Pläne fürs nächste Schuljahr in Amstetten:

Die bestehende Gruppe soll vergrößert werden. Standortleiterin Sonja Rappold hofft daher auf interessierte Personen, die sich am Lernhilfeprojekt beteiligen. Die Gruppe, bestehend aus Lernhelfern, Schülern und Eltern, hat eine Ansprechperson vor Ort, bei der die Fäden zusammenlaufen. Anliegen können so gebündelt mit der Direktorin der Schule besprochen werden. 

 

Bedarf an zusätzlichen Lernhelfern ist auf jeden Fall gegeben. Die Betreuung der Jugendlichen wird im Verhältnis 1:1 abgehalten: Jeder Schüler erhält von einer Person Hilfe, im Idealfall das ganze Schuljahr hindurch. In den Lerneinheiten gibt es Unterstützung, aber keinen Zwang. Der Stoff wird gemeinsam erarbeitet, es werden Pausen eingelegt, bei schönem Wetter geht’s in den Hof oder in den Motorikpark nebenan. Der Anspruch ist, Wissen und die Basis für ein gesundes Miteinander zu vermitteln.

 

Wer kann sich an dem Projekt beteiligen?

Jeder, der gerne seine Erfahrungen und sein Wissen an Jugendliche weitergeben möchte.

Kontakt: Sonja Rappold, Freiwilligenkoordination und Schulkooperationen

📞 0699 194 27 566

📧 sonja.rappold@nl40.at


Abschließend stellt sich mir noch die Frage: „Oma-Opa-Projekt: Ist der Name nicht etwas – vorsichtig formuliert – veraltet?“ Sonja lacht und gibt mir recht: „Wir haben auch schon über einen anderen Namen nachgedacht. Trotzdem finden wir, dass die Bezeichnung gut passt. Veränderungen in den Lebensbedingungen sind schon schwierig genug zu meistern. Oft zerbricht das Familiengefüge, Großeltern bleiben oft im Kriegsland zurück. Es wird auch niemand mit Oma und Opa angesprochen, und natürlich können sich auch jüngere Personen für das Projekt engagieren. Voraussetzungen sind Geduld, eine positive Einstellung zu Kindern und keine Vorurteile anderen Kulturen gegenüber. Den Lernstoff gemeinsam erarbeiten und die Schüler positiv bestärken.“