Von "Artis" Franz Jansky-Winkel | Lesezeit ca. 2:15 Minuten
Gerne versitze ich etwas meiner Lebenszeit im Caféhaus. Es ist immer wieder unterschiedlich im Genuss. Diesmal suchte ich mir ein peripheres Plätzchen, also Randlage mit guter Übersicht. Südwesten, Eckplatz.
Mein bald eintreffender, mir unbekannter Nordnachbar war von der Asphaltsorte. Der ersten Zigarette, Sekunden nach dem Niedersetzen im Maul, folgte die nächste. Da war die erste gerade erst ausgedämpft. Dieses Geschehen hielt unerbittlich an. Was sollte man denn sonst mit den Händen tun und wie konnte man denn einen klaren, unvernebelten Blick auf die Welt ertragen? Die olfaktorische Umgebung des Dauerdampfers gab keine Antwort darauf. Und so teerte er seine Lungenbläschen konsequent weiter.

Es gab noch weitere Gäste.
Einer davon war noch sehr jung und verbrachte seine Tage im Kinderwagen sitzend. Da er offensichtlich / unaufhörlich hungrig geworden war, gab er / sie akustische Warnrufe ab. Sie lauteten „Aaah!“ und waren sehr fordernd und durchdringend und wurden im Minutentakt abgesetzt. Seine junge Mutter schob ihm / ihr im selben Takt Essbares ins kaum bezahnte Mäulchen.
Ein weiterer Gast war besoffen, was sich in seiner Lautstärke deutlich offenbarte. Er war offensichtlich / unaufhörlich mit der Mutter des Kleinen befreundet. Trotzdem schrie er sie beständig mit Witzversuchen an, als ob sie hundert Meter entfernt säße. Tatsächlich waren es aber nur zwei. Bald gesellte sich ein weiterer Betrunkener zu ihm und sie überboten sich von da an mit Lautstärke und Rauschwitzchen.
Der erste Menschenrechtsartikel fiel mir ein: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. Mit großer Wahrscheinlichkeit gibt es in der Praxis dabei Ausnahmen. Passend hätte ich mich zum Geschehen adäquat beteiligen können, beispielsweise mit Kotzen oder Furzen. Ich habe mich aber stattdessen in eine Tageszeitung vertieft. Inhaltlich gab es wenig Unterschied.
Dieser Beitrag erschien erstmals im momag