Burschen, jetzt seid ihr verhaftet!

Von Petra Ortner | Lesezeit ca. 7 Minuten

 

BERNHARD RABITSCH. Der Trompeter, Reprofotograf und Gesangslehrer wirkte schon mit vielen Größen der österreichischen Musikszene: Hansi Lang, DÖF, Peter Cornelius, Hansi Dujmic, Tini Trampler und viele mehr. Er spielt und spielte in erfolgreichen Bands wie "Westend", "The Untouchables" oder "Playbackdolls", wurde mit Falco weltberühmt und erlebte wilde Zeiten mit Stefan Webers "Drahdiwaberl".

 

Bernhard Rabitsch spielte mit Falco, DÖF, The Untouchables, Playbackdolls, Drahdiwaberl
© Wolfgang Jaafar. Jaafotos

 

Du kommst aus einem musikalischen Elternhaus. Gab es für dich und deine Brüder trotzdem die Vorgabe, "was G’scheites" zu lernen?

Meine Mutter war eine begnadete Sängerin und hat auch Klavier gespielt, aber alles als Amateurin, sie war Volksschullehrerin. Unser Musikmachen hat sie wohlwollend zugelassen. Mein älterer Bruder hat aber Medizin fertig studiert und dann auch sein Leben lang als Arzt gearbeitet. Schlagzeuger war er nebenher. Ich habe auch mein Plansoll erfüllt und auf der Grafischen Reprofotografie gelernt. Danach hatte ich das Glück, am Konservatorium in der Jazzabteilung aufgenommen zu werden. Das war mein Persilschein meiner Mutter gegenüber: "Schau, ich studiere eh. Mach dir keine Sorgen." (lacht) Sie hat es hie und da schon probiert: "Ich hab’ da einen Bekannten in der Druckerei,..." Ich blieb aber lieber beim Musik Studieren. In ihrem Nachlass fand ich dann eine Mappe mit Zeitungsartikeln über mich und meinen Bruder Thomas. Das hat sie alles heimlich und penibel gesammelt (lacht).

 

Wann war klar, dass du von der Musik leben kannst?

Schon während des Musikstudiums hab’ ich "Spinning Wheel" gegründet, eine Coverband – früher sagte man "Tanzkapelle". Die gab es in den 1970er und 80er Jahren, als es noch Tanzlokale mit Live-Musik gab und jedes gute Hotel eine Bar hatte, in der eine Band gespielt hat. Aber auch in Clubs waren wir für damalige Verhältnisse gut unterwegs und haben ganz gut verdient.

 

»Im Bierzelt spielst du Trompete

praktisch rund um die Uhr. Da hängt dir dann schon das Lipperl in Fetzen runter nach ein paar Tagen.«

Du hast bei sehr unterschiedlichen Bands gespielt, auch bei Falco oder Drahdiwaberl. Gab es dabei Grenzen, wo du sagtest: "Nicht mal für viel Geld"?

In jungen Jahren habe ich schon sehr viel ausprobiert. Ich habe sogar eine Weile in Frankreich in einem bayerischen Bierzelt gespielt, in kurzer Lederhos’n. Da habe ich aber schnell gesehen, dass das nichts ist, was ich weiterverfolge (lacht). Das war nicht schlecht bezahlt. Aber die Musik… Ja, warum nicht, es ist Bierzeltmusik. Aber diese Auftritte waren auch immens anstrengend, du spielst die Trompete praktisch rund um die Uhr. Am Vormittag zwei Stunden, am Nachmittag drei Stunden, am Abend vier Stunden. Da hängt dir dann schon das Lipperl in Fetzen runter nach ein paar Tagen. Das ist nicht so gesund (lacht). Drahdiwaberl war eigentlich mein richtiger Einstieg in die Musik. Hätte mich Stefan nicht in seine Band geholt, wäre ich wahrscheinlich wirklich als Reprofotograf in einer Dunkelkammer versauert. Ich habe damals mit einer Schülerband im Haus der Jugend in Wien geprobt. In einem anderen Raum schräg gegenüber haben die großartigen, weltberühmten Drahdiwaberl geprobt. Für uns unerreichbar. Eines Abends stand Stefan bei uns in der Tür und meinte: "Burschen, jetzt seid ihr verhaftet! Mir ist gerade die ganze Band ausgestiegen. Wollt ihr nicht als Drahdiwaberl weiterspielen?" So haben wir den Proberaum gewechselt und das Ding begann zu laufen.

 

»In den 1970er und 80er Jahren

gab es noch Tanzlokale mit Live-Musik

und jedes gute Hotel hatte eine Bar,

in der eine Band gespielt hat.«

Bernhard Rabitsch spielt eine breite musikalische Palette: Von Tanzmusik bis zu Rock/Metal/Punk
© Oernest Jauck

 

Wie viel Mitspracherecht gab es bei Drahdiwaberl?

Die Themen standen fest, Stefan hat seine Texte ausgeteilt und wir Musiker haben allesamt an den Songs gearbeitet. Bis zu dieser Zeit war es immer ein Rätsel, wie die Musiker es schaffen, bei den Shows sauber zu bleiben (lacht). Das gelang eh nicht! Ich war noch dazu Akteur und habe lernen müssen, mit stoischer Ruhe zu ertragen, irgendwelche Bierbecher oder sonstige Substanzen auf die Bühne geworfen zu bekommen.

 

Gab es auch mal gefährliche Situationen für euch?

Das gehörte dazu. Es ist genug Dreck und Aggression von der Bühne hinuntergegangen und war Teil der Show, dass die Leute das auch zurückgeben. Ich musste immer die FPÖ-Politiker und die "Kiwara" spielen. Da war natürlich klar, dass sich die Wut des Publikums über mich – im wahrsten Sinne des Wortes – ergossen hat (lacht). In Eisenerz in einer Tennishalle haben die Leute blöderweise den Sand in Becher gefüllt und auf die Bühne geschossen. In der Magengrube hab’ ich einen davon recht ordentlich gespürt! Irgendeiner hat einmal einen Feuerlöscher aktiviert und mit dem feinen Löschstaub die ganze Halle versaut, inklusive uns und unser Equipment. Da blieb von der Gage nichts mehr übrig.

 

Bernhard Rabitsch und Harald Huto auf der Bühne bei einer Drahdiwaberl-Show
© Mulatschag TV

Info

Bernhard Rabitsch im Internet

Facebook
YouTube

 

2020 hast du solo "Sperrt’s den Steffl zua" und "Ferien im Internet" veröffentlicht.

Wolfgang Strobl vom "Cabaret Fledermaus" hat den Steffl-Text geschrieben und am ersten Lockdown-Tag sind wir in der Wiener Innenstadt herumgegangen und haben unser Video gedreht. Es war menschenleer. Der Stephansplatz leer, die Plätze vor den Museen, der Prater, alles leer. Das war so ziemlich das allererste Lockdown-Lied und -Video und hat eine ganz gute Anzahl an Klicks bekommen.

 

Du hast mit dem Who is Who der österreichischen Musikszene gespielt. An wen denkst du am liebsten zurück?

Natürlich an Falco, diese Zeit war halt am intensivsten. Wenn der Frontmann Nummer Eins in Amerika ist, das ist natürlich schon was (lacht). Da spielst du dann zweimal hintereinander in einer ausverkauften Wiener Stadthalle. Zudem kannte ich ihn schon lange, bevor er der Falco war. Wir haben bei "Drahdiwaberl" zusammen gespielt, bei "Spinning Wheel" war er vier Jahre lang der Bassist und Sänger. Wir waren jedes Jahr monatelang miteinander unterwegs und ich kannte ihn gut. Ich habe alles von Anfang bis zum Ende miterlebt, da denke ich natürlich gerne daran zurück. Das war die große Zeit in meiner Karriere, obwohl ich es damals gar nicht so realisiert habe.

 

»Bei Drahdiwaberl war ich der "Kiwara".

Da war natürlich klar, dass sich  die Wut

des Publikums über mich – im wahrsten Sinne des Wortes – ergossen hat.«

In der Musikschule Amstetten warst du Gesangslehrer. Kann jeder singen lernen, oder gibt es Menschen, wo das nichts wird?

Es kommt darauf an, welche Ansprüche du hast. Aber ich würde sagen, es kann jeder singen. Ich hatte Leute, die kamen wegen der Aufnahmeprüfung für die Kindergarten-Schule und brachten keinen geraden Ton raus. Nach drei, vier Monaten waren sie aber so weit, dass man das Lied erkannt hat. Das ist ein Erfolg. Jeder kann was lernen und darin besser werden. Wie hoch das Niveau ist, hängt halt vom Talent und vor allem vom Fleiß ab.

Dieser Beitrag erschien erstmals im momag