Von Sonja Raab | Lesezeit ca. 5:45 Minuten
EHRENSCHEIBEN UND SAUSCHIESSEN.
Im Frühjahr 2022 eröffnete die Schützengilde Hollenstein eine Anlage für Laser- oder Luftdruckgewehr, sowie Kleinkaliber. Mit dem zusätzlichen Außenbereich für Bogenschützen wird 130 Vereinsmitgliedern eine ganze Menge Übungsfläche geboten.
Um gleich zu Beginn mit allen Vorurteilen aufzuräumen: Die Schützengilde Hollenstein ist kein verstaubter Männerverein. Es wird versucht, die „Frauenquote“ zu erfüllen, im Schießstand gelten 0,0 Promille und die Altersspanne liegt zwischen 7 und 85 Jahren. Für mein Interview entführt mich Oberschützenmeister Karl Landl Senior im Auto ins „Großbach“, Richtung Königsberg und wir bleiben, oben angekommen, vor einem Pferdestall mit Reitanlagen stehen.
»Manche Menschen sind empfindlich,
was Gewehre angeht.
Man hält uns gleich
für Terroristen!«
„Den Pferden macht es nix aus, es macht ja keinen Lärm“, beantwortet Karl meine erste Frage, die sich mir stellt, als ich die idyllische Landschaft mit den Tieren betrachte. Wir gehen durch den Stall, Karl entsperrt eine Holztür und schon im Treppenaufgang kleidet eine prachtvoll bemalte Ehrenscheibe nach der anderen die Wände.
»Passiert ist in der langen Geschichte
des Vereins noch nie etwas.«
Etwas belustigt stelle ich fest, dass auf einer der Schützenscheiben ziemlich viele Schüsse daneben gegangen sind. Karl erklärt mir, dass diese Scheibe abgedeckt und stetig gedreht wurde, die Schüsse waren also allesamt Glückstreffer. Gewonnen hat damals ein Jugendlicher aus der Schweiz, der sich riesig gefreut hat. Eine weitere Türe wird entsperrt und wir stehen im Aufenthaltsraum. Ein Kühlschrank mit Getränken, eine Kaffeemaschine, Tische und Sessel für ein gemütliches Beisammensein. Noch bevor Karl viel erzählt, betreten wir den Schießstand und ich bin begeistert von den historischen Schießscheiben an den Wänden. Eine der ältesten Scheiben stammt von 1830 und zeigt vermutlich berittene Türken, man kann nicht mehr viel erkennen.
»Mir gefällt der Konzentrationssport
und das Vereinsleben.«
Hochgeschwindigkeits-Kameras am Dachboden
Vorbei an weiteren Ehrenscheiben und wunderschön bemalten historischen Scheiben gehen wir ans Ende des Raumes und ich darf mir die vielen kleinen Hochgeschwindigkeits-Kameras ansehen, die sich in den Kästen befinden, auf die geschossen wird. Dann öffnet Karl ein Holzfenster und ich schaue durch in zwei weitere Räume, die den Dachboden des Pferdestalls ausmachen – zuletzt sieht man aus einem weit entfernten Fenster hinaus ins Grüne. „Der Dachboden war zu kurz“, erklärt Karl lapidar und ich schmunzle. „Hoffentlich läuft da draußen keiner vorbei!“, antworte ich. Er lacht und erklärt mir, dass da natürlich ein abgesperrter Bereich sei, den man nur betreten kann, wenn man zuerst eine Tür aufsperrt.
Auf dem Rückweg zeigt mir der Oberschützenmeister die Abzugsrohre an der Decke, die den feinen Staub des Schießpulvers absaugen. „Mit den Jahren sind die Vorschriften immer mehr geworden, früher war das alles wurscht, des war’n wilde Hund“, lacht er.
Nachdem ich mehrere Male mit einem Luftdruckgewehr (200 bar!) schießen darf und gar nicht so übel abschneide, erfahre ich, dass es die Schützengilde schon seit 1813 gibt, dass sie etwa 130 Jahre lang neben dem Gasthaus Staudach in Hollenstein untergekommen ist und sich dann die Leute im Gastgarten empfindlich gestört gefühlt hätten. „Denen war das ein Dorn im Auge“, erzählt Karl. Und das war der Grund, warum ein neuer Platz gesucht werden musste. Das war nicht so einfach, denn ein Schießstand muss viele Voraussetzungen erfüllen: Er muss weit genug von der Zivilisation entfernt sein, damit sich keiner gestört fühlt. Er muss finanzierbar sein, die Pacht sollte also nicht zu hoch sein. Ein Wirtshaus sollte in der Nähe sein, für Siegerehrungen. Und er sollte mit dem Auto erreichbar sein, weil es auch ältere Mitglieder gibt, die nicht mehr gut laufen können, aber noch gerne schießen. „Da kommt dann die Frau mit und trägt dem Mann das Gewehr bis zum Schießstand.“
»Am Anfang einer Jagdsaison
wird vom Landesjagdverband
ein regelmäßiges Übungsschießen empfohlen.«
Spaß beim Laserschießen für die Jungen
Der Mitgliedsbeitrag für Erwachsene beträgt nur 25 Euro, für Jugendliche 15 Euro. Die Anlage bietet Kindern ab 6 Jahren Spaß beim Laserschießen, Jugendliche ab 10 Jahren dürfen mit dem Zimmer- oder Luftdruckgewehr schießen und ab dem 14. Lebensjahr dürfen Jugendliche und Erwachsene mit Kleinkaliber Gewehren (Kaliber 22) schießen, was von Mai bis Oktober möglich ist.
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Schützengilde Hollenstein:
Königsberg, Sattel 4
Jeden Sonntag 9.30 bis 12 Uhr
Info: Obmann Karl Landl
📞 0664 57 813 46
Als Obmann ist Karl Landl gemeinsam mit Kassier, Schriftführer und einem ganzen Team an geschulten Vorstandsmitgliedern, das planmäßig die Standaufsicht übernimmt, für alles, was im Verein zu tun ist, zuständig. Was ihm von allen Aufgaben aber ganz besonders am Herzen liegt, sind die Sicherheitsregeln und die Einführung der Kinder und Jugendlichen in den Schießsport. „Zuerst einmal geht es um die Sicherheit und dann erst ums Gewinnen“, meint er.
Zum Abschluss unseres Rundgangs lerne ich noch, was „Sauschießen“ bedeutet. Bei einem Wettbewerb können die Schützen zusätzliche Schüsse nachkaufen, um die eigene Wertung zu verbessern. Das bedeutet, ein Schütze schießt so lange, bis er glaubt, der Beste zu sein. Das gesammelte Geld wird dann traditionell zum Kauf einer Schweinehälfte in der Schlachtgemeinschaft Hohenlehen verwendet. „Oft zahlt einer mehr für die Schüsse, als die Sauhälfte gekostet hätte!“, lacht Landl Senior. Das Fleisch wird dann vakuumiert im Gasthaus von Peter Jagersberger gekühlt, zur Siegerehrung in Stücke aufgeteilt und zu Hause verzehrt.