Von Robert Voglhuber | Lesezeit ca. 7:15 Minuten
DONAULIMES.
Das Römerreich ist eines der Leitthemen der österreichischen Geschichte und das erste gesamteuropäische Projekt mit der Donau als nördliche Grenze.
Die Römer waren den Griechen zwar in der Kunst deutlich unterlegen, doch schafften sie es, ein Großreich zu errichten, das im 1. bis 4. Jahrhundert nach Christus alle um das Mittelmeer liegenden Länder und zudem auch weite Teile Mittel- und Westeuropas umfasste.
Bei der Verwaltung der römischen Provinzen gehörte es zu den wichtigsten Aufgaben, die Vorzüge der römischen Kultur auch den unterworfenen Völkern zugänglich zu machen. In allen Provinzen des Römerreiches wurden kleinere und größere Städte angelegt, die durch ein gutes Straßennetz verbunden waren.
In jeder größeren Stadt (Oppidum) befand sich ein öffentliches Bad (Therme), häufig auch ein Amphitheater. Die Häuser waren oft mit Fußbodenheizungen ausgestattet. Und viele Annehmlichkeiten mehr beschleunigten die Romanisierung, also die Übernahme der römischen Kultur und der lateinischen Sprache in den Provinzen. Auch die südlich der Donau gelegenen Teile des heutigen Österreichs wurden um 15 vor Christus in das Römerreich eingegliedert, offensichtlich auf weitgehend friedlichem Weg. Pax Romana wird das System der friedlichen Koexistenz genannt. Die Donau bildete die nördliche Grenze des Imperiums, doch hatte man auch jenseits des Flusses zur Sicherung des Reiches römische Kastelle errichtet.
»Die Donau bildete die natürliche Nordgrenze des Imperium Romanum
im Gebiet von Bayern, Österreich, der Slowakei, Ungarn und weiter flussabwärts.«
Militärisches Bollwerk Carnuntum
Der Donauabschnitt zwischen Krems und Hainburg war mit den beiden mächtigen Militärlagern Vindobona und Carnuntum das wichtigste Bollwerk der römischen Reichsgrenze und des gesamten Imperiums. In Carnuntum residierte auch der römische Statthalter. Längs der Donau gab es noch viele Kastelle, Wachtürme und Signalstationen, die der Sicherung der römischen Reichsgrenze dienten. Der Donaulimes in Österreich repräsentiert 500 Jahre Geschichte der Römerzeit, 357 Stromkilometer als historische Flussgrenze, 40 sichtbare Denkmäler, 15 Museen und liegt in den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Wien.
Reiche Hinterlassenschaft
Die Donau wurde aber nicht nur eine bedeutsame Grenze, sondern auch eine wichtige kulturelle Einflusssphäre, der sich die dort ansässige Bevölkerung langsam öffnete. Der Römerherrschaft, die etwa ein halbes Jahrtausend währte, ist eine reiche Hinterlassenschaft an Kunstdenkmälern zu verdanken. Die archäologischen Grabungen brachten und bringen imposante Überreste ausgedehnter Stadt- oder Befestigungsanlagen mit Mosaiken, Wandmalereien, Grabmälern, Skulpturen und Gegenständen des täglichen Gebrauchs ans Tageslicht.
Die große Lagerfestung Carnuntum bei Deutsch Altenburg, Sitz des Statthalters Septimius Severus von Oberpannonien, hatte zwei Amphitheater: eines für die Soldaten, das andere für die Zivilbevölkerung. Das sogenannte Heidentor in Petronell-Carnuntum aus dem 3. bis 4. Jahrhundert nach Christus mit einer erhaltenen Höhe von 12 bis 14 Metern ist besonders imposant. Die Ruine lässt sich als Kultbau, Grab- oder Ehrenmal deuten. Vermutlich hängt der Bau mit dem um 308 stattgefundenen Kongress unter dem Vorsitz von Kaiser Diokletian zusammen. Bedeutende römische Überreste von Befestigungsanlagen sind auch in Tulln, Zeiselmauer und Traismauer zu finden.
»Den rund 360 Kilometer langen
österreichischen Abschnitt des Donaulimes sicherten 4 Legionslager,
14 Kastelle und 20 bekannte Wachtürme.«
Donaulimes quer durchs Mostviertel
Im Feldzug von 15 vor Christus unterwarfen die römischen Feldherren Drusus und Tiberius, Stiefsöhne von Kaiser Augustus, das keltische Königreich Noricum. Wenig später eroberten sie das benachbarte Pannonien. So waren die Römer an die Donau gelangt und machten das heutige Mostviertel als römische Provinz mit einem Grenzwall längs der Donau entsprechend dicht. Der Verlauf des Limes führte quer durchs Mostviertler Kernland. Der Kollmitzberg bei Ardagger war über Jahrhunderte ein idealer Aussichtspunkt, von wo aus feindliche Bedrohung weit hinaus überblickt werden konnte.
In unserer Gegend wird die „Römerwelt“ mit zwei sehr eindrucksvollen Ausstellungen spür- und fühlbar gemacht. In Enns und Wallsee ermöglichen seltene Exponate und moderne Visualisierungen einen tiefen Einblick in den römischen Alltag bis vor 1.800 Jahren. Mit Projektionen und animierten Filmen wird die Geschichte der Römer an der Donau erzählt. In der Provinz Noricum war Lauriacum/Enns neben Carnuntum (Weltstadt am Donaulimes) einer der größten und wichtigsten Handels- und Militärstützpunkte an der Nordgrenze des Römischen Reichs. Die römischen Stützpunkte entlang des Donaulimes sind heute Stationen wichtiger Kulturvermittlung und bedeutende Kraftquelle – touristisch und wirtschaftlich. Sie sind Zeugnisse einer Romanisierung, die den Donauraum in Verbindung mit den Errungenschaften der Antike und damit mit den Ursprüngen des modernen Europas bringen.
»In Enns und Wallsee ermöglichen
seltene Exponate und moderne Visualisierungen einen tiefen Einblick in den römischen Alltag.«
Seit 2021 Weltkulturerbe
Das westliche Segment des Donaulimes, also auch der Abschnitt im Mostviertel, wurde 2021 vom UNESCO Welterbekomitee als Welterbestätte eingetragen. In Österreich finden sich nun nach dieser Einschreibung 12 Welterbestätten. Der Donaulimes gilt als Teil des großen UNESCO-Welterbe-Projekts „Frontiers of the Roman Empire“ (Grenzen des Römischen Reichs). Bei den 22 Teilkomponenten in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien handelt es sich um unterschiedlichste bedeutende archäologische Fundstätten, die bis heute den Verlauf der antiken Grenzbefestigung mit Kastellen, Wachtürmen und den dazugehörigen zivilen Siedlungen und Verkehrswegen bezeugen. An diesen bedeutenden historischen Stätten wird das antike Rom lebendig und zeigt, wie eine fremde Welt unser Leben in der Gegenwart begreiflicher machen kann und wie sehr diese Welt von damals unserer eigenen ähnelt.
Nachgefragt

bei Eduard Pollhammer; Wissenschaftlicher Leiter "Römerstadt Carnuntum".
Welche eher unbekannte Details können sie über den Donau-Limes erzählen?
Das lateinische Wort "limes, -itis (m)" stammt ursprünglich von der römischen Landvermessung und bezeichnete einen (Grenz-)Weg sowie die Grenze zwischen zwei Grundstücken. Seit dem 1.
Jahrhundert nach Christus wird der Begriff für eine militärische Landgrenze verwendet, die nicht selten auch durch künstlich errichtete Barrieren gesichert wurde (Hadrianswall und
Antoninuswall in Großbritannien, Obergermanisch-Rätischer Limes in Deutschland).
Eine Flussgrenze, die in römischer Zeit etwa entlang von Rhein, Donau und Euphrat verlief, wird in den antiken Quellen hingegen (ripa) genannt. Für die Donaugrenze hat sich, obwohl es sich um
eine Flussgrenze (ripa) handelt, die Bezeichnung "Donaulimes" im heutigen Sprachgebrauch etabliert. Allgemein werden Grenzen des Römischen Reichs heute unter dem Begriff "Limes"
zusammengefasst.
(© DUK / Andrea Reischer)
Dieser Beitrag erschien erstmals im momag